Gehalt und Schweinezyklus – wenn die verdiente Gehaltserhöhung unerreichbar scheint
Eben sprach ich mit Clemens Mayer (Name geändert). Mayer ist ein dynamischer, erfolgreicher Jung-Manager. Mayer war 2009 ins Arbeitsleben eingestiegen. Seit 8 Monaten leitete er sein erstes Team. Die neue Führungsposition brachte ihm dann ein sattes Plus auf dem Gehaltszettel. Vor einigen Wochen war er nun endlich selbst für die Einstellung eines Trainees für sein Team verantwortlich. Auf seine Stellenanzeigen hatten sich weniger Absolventen gemeldet als zunächst gedacht. Mayer lud die Bewerber ein, die sich auf die Anzeige gemeldet hatten. Einer war nicht mehr verfügbar. Nach den Interviews stellte sich ein Weiterer als ungeeignet heraus. Der dritte Kandidat hatte aber Potential.
Mayer leitete die finalen Schritte ein: „Was möchten Sie denn verdienen?“ fragte er den Absolventen. Die Antwort trieb ihm den Schweiss auf die Stirn, denn der Junior forderte mehr als Mayer selbst verdiente – nach fast fünf Jahren Berufserfahrung, als Führungskraft. Der junge Teamleiter verstand die Welt nicht mehr und sagte dem Grünschnabel ab. Seinem Chef erklärte Mayer im nächsten Jour-fixe die weiter unbesetzte Stelle. „Ich musste ihm wegen überzogener Gehaltsvorstellungen absagen.“ Als dieser ihm antwortete, dass gute Leute heutzutage eben ihren Preis haben, gab ihm das den Rest und er suchte Rat.
Mayer fragte mich, was er falsch gemacht habe. Ich antwortete ihm, dass es nicht an ihm läge, was ihn aber auch nicht besänftigen konnte. Dennoch, es gibt einen einfachen, aber nicht zu unterschätzenden Grund für das Aufeinanderprallen zwischen Berufsanfänger und Junior-Manager: Das berufliche Einstiegsjahr!
Das Gehalt von Mayer hatte sich nach seinem Berufseinstieg angemessen weiterentwickelt. Er war aber nach einem nicht ganz einfachen Bewerbungsmarathon mitten in einer Wirtschaftskrise von einem niedrigeren Niveau gestartet. Wer öfter im Gehälterblog liest, weiß, dass Gehälter nun mal Marktpreise sind und gegen den Schweinezyklus ist eben auch der Arbeitsmarkt nicht gefeit. Treffen viele Bewerber auf knappe Stellen, drückt das aufs Einstiegsgehalt. Die Bewerber sitzen dann in der Gehaltsverhandlung einfach am kürzeren Hebel.
Wenn die Wirtschaft boomt und Fachkräfte knapp sind, dann wendet sich das Blatt.
Dieser Wettbewerbsnachteil ist auch auf längere Sicht nur schwer auszugleichen. Das bekommen selbst Top-Manager zu spüren: CEOs, die ihre Karriere in einem Krisenjahr beginnen, verdienen noch nach Jahrzehnten signifikant weniger (vgl: Antoinette Schoar und Luo Zuo: Shaped by Booms and Busts: How the Economy Impacts CEO Careers and Management Style, November 2011). Da ist guter Rat teuer. Wie soll man seinem bisherigen Arbeitgeber erklären, dass man plötzlich so viel mehr verdienen möchte.
Hinzu kommt, dass der Vorgesetzte oft aufgrund bürokratischer Hürden gar nicht dem Wunsch entsprechen kann. Einer meiner Mandanten, ein Manager eines großen Versicherungskonzerns, hat mir erst vor kurzem das Dilemma bestätigt. Mehr als 5 % Gehaltserhöhung dürfe er seinen Mitarbeitern nicht geben. Wenn er ihnen kündigen und sie erneut einstellen würde, bestünde das Problem nicht – da könnte er mehr bezahlen. „Es ist wie ein Spießrutenlauf durch die Hierarchien, wenn ich einem guten Mitarbeiter das Gehalt erhöhen möchte“, erzählte mir unlängst ein guter Freund, selbst Online-Marketingmanager bei einer Bank. Klingt paradox, ist aber leider die Realität.
Wer als Arbeitnehmer in derselben Zwickmühle feststitzt wie Mayer, dem bleibt in vielen Fällen leider nur ein Ausweg. Er muss sich beruflich neu am Arbeitsmarkt orientieren und dann mit einem neuen Arbeitgeber seinen aktuellen Marktwert neu zu verhandeln. „Bei einem externen Stellenwechsel billigt man heute den Kandidaten in der Regel 10% bis 15% mehr Gehalt zu.“, schreibt der erfahrene Karriereberater Heiko Mell in den VDI-Nachrichten. Wer wirklich in einer Wirtschaftskrise ins Berufsleben gestartet ist, kann hier möglicherweise sogar noch mehr rausholen. Eine genaue Analyse des eigenen Marktwerts ist aber unabdingbar. Dafür gibt es Gehaltsstudien, die von Personalberatungen teilweise sogar kostenlos im Internet angeboten werden.